Weihnachtsansprache im Gemeinderat

Lieber Herr Bürgermeister Kolbe,
liebe Gemeinderät*Innen,

auch ich möchte meinen Dank an die Verwaltung ausdrücken, die unter schwierigsten, vor allem personellen, Bedingungen einen sehr guten Job gemacht hat. Weder die Umstände, noch der Gemeinderat, haben es ihnen dieses Jahr immer leicht gemacht.

In selber Weise gilt mein Dank den Ehrenamtlichen in unserer Gemeinde. Die nehmen ähnliche Mühen auf sich, bekommen dafür aber kaum Geld und opfern ihre Freizeit für andere. Das gilt allerdings auch für die Gemeinderät*Innen, was nicht unerwähnt bleiben soll.

Letztes Jahr habe ich um diese Zeit unter dem Eindruck von Corona gesagt: „Es geht uns Mitgliedern im Gemeinderat zum aller größten Teil relativ gut. Denken wir an die Menschen ohne Garten und ohne Freunde oder Familie in diesen schweren Zeiten. Und erlauben wir uns gerade deshalb auch einen Moment glücklich zu sein und dankbar für das, was wir haben.“

Auch in diesem Jahr geht es uns immer noch relativ gut. Gut im Vergleich zu den Menschen in der Ukraine, die in schlimmsten Verhältnissen den Angriffskrieg eines Despoten ertragen müssen. Aber auch im Vergleich zu vielen in unserer Gemeinde, die unter der Inflation in Folge der Wirtschaftssanktionen leiden. Für sie ist das Leben härter geworden. So richtig und wichtig diese Sanktionen auch sind.

Auch gut geht es uns im Vergleich zu Menschen in Spanien oder am Gardasee, die von einer massiven Dürre in diesem Jahr betroffen waren. Es wird immer klarer, dass die sich abzeichnende Verfehlung des 1,5° Klimaschutzziels uns in Karlsfeld vielleicht wenig trifft. Aber wo machen wir Urlaub, wenn der Gardasee trocken fällt? Wovon leben die Menschen in Spanien ohne Wasser?

Aber auch wir haben Sorgen. Der Karlsfelder Gemeindehaushalt leidet nach Corona nun unter der wirtschaftlichen Unsicherheit. Denn viele Unternehmen wissen nicht, wohin die Reise geht. Massenentlassungen in der erfolgsverwöhnten IT-Branche lassen aufhorchen.

Besonders schlimm finde ich auch die Personalprobleme in der Verwaltung. Wir brauchen die gesuchten Fachkräfte dringend dort. Aber anders als in der freien Wirtschaft können und dürfen wir potenzielle Mitarbeiter nicht einfach beliebig mit Geld ködern. Der Bürgermeister und ich wollen deshalb im neuen Jahr erörtern, welche anderen Möglichkeiten wir vielleicht noch haben.

So muss ich leider sagen, ich persönlich fühle mich schlechter als im letzten Jahr.

Auch weil eine Familie mit kleinen Kindern aus unserer Gemeinde in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschoben wurde. Dieser Umgang mit Kindern ist ethisch – abseits von allen rechtlichen Betrachtungen – völlig untragbar. Ich dachte wir hätten so etwas hinter uns gelassen. Ich bin wütend auf jede und jeden, der Möglichkeiten zur Vermeidung dieser Unmenschlichkeit ungenutzt gelassen hat. Es darf in keinem Fall wieder geschehen!

Im Bezug auf das Klima frage ich mich, ob wir uns auch so verhalten würden, wenn Karlsfeld ein ganz kleiner Planet wäre. So wie bei Saint-Exupérys kleinem Prinzen. Wenn also das Verhalten von China und den USA nicht mehr als Entschuldigung für fehlendes Handeln bei uns gelten könnte? Würden wir dann auch so viel Treibhausgas verursachen? Wissend, dass wir unser CO2 Budget deutlich überschreiten und unser Leben dadurch absehbar sehr schwierig wird?

Ich möchte es ganz deutlich sagen. Eine Klimaschutzmanagerin ohne Budget spart keine Tonne CO2.
Wir alle werden auf Komfort und Wohlstand verzichten müssen, um wenigstens die schlimmsten Folgen abzufangen. Wir werden teilen müssen, mit denen die es nötig haben. Nicht nur auf unserem imaginären kleinen Planeten Karlsfeld. Sondern global. Und wir werden das unseren Bürgerinnen und Bürgern erklären müssen.

Aber wir können das. Deshalb sind wir in diesem Rat. Und dann kann sich das ganze Jahr ein bisschen wie Weihnachten anfühlen. Denn irgendwie ist das doch der Geist von Weihnachten? Sich an die anderen zu erinnern, zu teilen was man hat und Gutes zu tun.

In diesem Sinne möchten wir diese Kerze für uns alle anzünden. Sie soll uns im nächsten Jahr an diese Vorsätze bei unserer Arbeit erinnern. Damit wir kreative Ideen finden, konstruktiv streiten und hoffnungsvoll nach vorn schauen können. Aber vor allem menschlich bleiben und auch an die denken, die es besonders nötig haben. Hier in Karlsfeld –in der Ukraine oder in Spanien.

In diesem Sinne Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest und einen gelungenen Rutsch ins neue Jahr – auch im Namen meiner Fraktion.

Michael Fritsch