Langfristige Finanzplanung braucht gute Basis

Wir haben am 26. November einen Antrag für die Bereitstellung von Eckdaten der wesentlichen Investitionsprojekte der Gemeinde gestellt. Anders kann der Gemeinderat aus unserer Sicht nicht vernünftig über Projekte entscheiden und die Gemeinde keine langfristige Investitionsplanung erstellen.

Update: Die Gemeinde hat ein Dokument zur Verfügung gestellt, welches unsere Befürchtungen bestätigt. Die Gesamtkosten der notwendigen Sanierungen liegt bei über 20 Mio. € in den Jahren 2021-2026.

Hintergrund

Karlsfeld hat zwar viele ausstehende Projekt, aber leider wenig finanzielle Mittel. Um die Größenordnung zu verdeutlichen: In guten Zeiten kann Karlsfeld ca. 1,5 Mio. € investieren, ohne neue Schulden zu machen. Für 2021 und eventuell auch 2022 sind es vermutlich eher genau 0 €. Die Nichtumsetzung von Projekten hat aber Folgekosten. Das Schwimmbad ist ohne Sanierung in 2-5 Jahren vermutlich nur noch Schrott, spart dem Haushalt dann aber 600.000 € Defizit pro Jahr.

Unvollständige Liste der Projekte der Gemeinde (geschätzte Kosten in €):
  • Hallenbadsanierung (mehrere Millionen)
  • Defizite der Straßensanierung (wenige Millionen)
  • Skaterpark, Friedhof, Dynamische Fahrgastanzeigen usw. (wenige Millionen)
  • Neubau Bauhof (wenige Millionen)
  • Umbau, Sanierung TSV Gelände mit neuem Vereinsheim (mehrere Millionen)
  • Bürgerpark mit Grundstücken (mehrere Millionen)
  • Sanierung Turnhalle Mittelschule (??)
  • Sanierung Feuerwehrhaus (??)
  • usw.

Die Gemeinde kann selbst über die Aufnahme von Schulden nur einen Teil der Projekte finanzieren. Sie darf nämlich nicht mehr Schulden machen, als sie aus ihren Einnahmen tilgen kann. Sie darf also keine neuen Schulden aufnehmen, um die alten zu tilgen. Die Zinsen sind zum Glück derzeit zu vernachlässigen.

Um nun entscheiden zu können, welche Projekte trotzdem umgesetzt werden sollen, braucht der Gemeinderat belastbare Zahlen für alle Projekte. Mindestens sind dies Umsetzungskosten, Wartungskosten und jene bei Nichtumsetzung zu beziffern.

Da die Gemeinde diese bisher nicht zur Verfügung stellt, gerne mit Hinweis auf sowieso nicht vorhandene Mittel, haben die GRÜNEN einen entsprechenden Antrag gestellt. Am 26. November 2020.

Leider steht der Antrag bisher nicht einmal auf der Tagesordnung zur Abstimmung. Solange die Zahlen nicht vorliegen sind zwei Dinge praktisch unmöglich:

  1. Wir können keine Mittel für Projekte freigeben, weil wir damit Fakten schaffen ohne die Konsequenzen zu kennen. (Es bucht bei klammer Kasse auch niemand ein Urlaub, wenn die Kosten für die Autoreparatur unklar sind.)
  2. Es bleibt im Dunkeln, wie groß der Investitionsbedarf und das erwartete Finanzierungsdefizit der nächsten Jahre ist. Ein langfristiger Finanzplan ist aber eine Verpflichtung der Gemeinden.

Zwei strukturelle Probleme

Ein Problem wird verursacht durch das veralteten kameralistische Buchungssystem der Gemeinde Karlsfeld. Die Gemeinde muss die Zahlen nämlich erst mühsam errechnen. Im Gegensatz zu den meisten Firmen hat sie praktisch keine Übersicht über ihr Vermögen und Abschreibungen. Hier ist das Problem ganz gut beschrieben. Und ja – die Umstellung kostet auch Geld. Wir vermuten aber: Die Transparenz ist vor allem politisch nicht gewollt.

Und da kommen wir zum zweiten Problem: Die chronische Unterfinanzierung der Gemeinden durch Freistaat und Bund. Daran könnten die CSU zwar etwas ändern, aber dann könnte die Landesregierung den Gemeinden nicht mehr in Gutsherrenart und nach politischem Wohlwollen Gelder zustecken. Positiv ausgedrückt geht ihr die Lenkungsfunktion verloren. Und so bekommen sie dann erst, wenn das Schwimmbad kurz vor dem Ende steht, vielleicht einen Teil der Kosten erstattet. Solange die Kommunen aber ihren perspektivischen Finanzbedarf und damit die Finanzierunglücke nicht kennen, ist alles gut. Wie gut die erfolgreichen bayerischen Gemeinden tatsächlich sind, wüsste man vermutlich, wenn sie wie ihre Schwestern in allen anderen Bundesländern Doppik im kommunalen Haushalt anwenden müssten.